Schon wieder reif für die Insel: diesmal Borkum im April 2014

Freitag, 18.04.2014: Endlich wieder mit den Mädels on Tour


Immer wieder hatte Kerstin den Wunsch geäußert: „Ich würde Euch gerne mal meine Insel zeigen.“ „Meine Insel“ bedeutet in diesem Falle Borkum, die nicht nur westlichste, sondern auch größte der ostfriesischen Inseln, wo Kerstin geboren wurde. Und selbst wenn sie bereits im zarten Alter von 2 Jahren aufs Festland gezogen ist, bleibt es für sie immer „meine Insel“.

Was gibt es Besseres, als sich (mir) unbekanntes Terrain von einem Insider zeigen zu lassen? Und so überlassen Iris und ich gerne Kerstin den Part des Tourguides per pedes und beschließen, die Ostertage auf Borkum zu verbringen.

Zu einer humanen Zeit - nach 10h00 - starten Kerstin und ich vom Hamburger Hbf. Durch die Abfahrten der Fähre Emden - Borkum sind unsere Verbindungsmöglichkeiten hinsichtlich An- und Abreise mehr oder weniger vorgegeben.

Am Hauptbahnhof sind an diesem Feiertag Himmel und Menschen unterwegs, doch Kerstin ist mit ihrem … ähm … nicht gerade minimalistisch gepackten Rucksack schnell ausfindig zu machen. Ich grinse in mich hinein. Etwas anderes habe ich gar nicht erwartet.

Wenig später im immer voller werdenden Zug spielt es keine Rolle, ob der Rucksack nun klein oder groß ist; es fehlt an Gepäckablagemöglichkeiten und nach einem deftigen Anschnauzer durch die Zugbegleitung - der Ton macht die Musik, und dieser erinnert sehr an den gewitterhaften 3. Presto-Satz aus „L’Estate“ in Vivaldis Vier Jahreszeiten - nehmen wir unser Gepäck auf den Schoß, um anderen Mitreisenden die bis dahin belagerten Sitzplätze anzubieten. Jede verschwindet hinter ihrem Rucksack und die Kommunikation beschränkt sich auf Zurufe und Handzeichen.

Nach einer Dreiviertelstunde haben wir den ersten Wegpunkt erreicht. Um den ersten Tag zeitlich nicht mit einer Weltreise gleichzusetzen, holt uns Iris am Bahnhof von Rotenburg/Wümme, kurz vor Bremen, mit dem Auto ab, um die Weiterreise nach Emden etwas beschleunigt fortzusetzen. Vorausgesetzt, vor einem kriecht auf der Landstraße kein „Mann-mit-Hut“, ein Exemplar im Mercedes, dem nur noch die gehäkelte Klopapierrollenhülle auf der Ablage fehlt.

Abgesehen von einem kurzen Stau bei Bremen erreichen wir Emden-Außenhafen ohne nennenswerte Vorfälle, lediglich die immer wieder auftretenden Regenschauern wollen uns nicht so wirklich schmecken.

Kerstins Navigations… ähm …-talent zeigt sich nicht nur auf dem Motorrad. Wir nähern uns Emden und den ersten Hinweisschildern, als Iris Co-Pilotin Kerstin fragt, wo sie denn längs muss. Kerstin überlegt … und bis sie die Antwort ausgesprochen hat, sind wir schon längst an der fraglichen Abfahrt vorbeigefahren. Na, gottseidank ist Borkum eine kleine Insel, auf der man auch ohne Navigationskenntnisse bzw. -hilfe auskommen sollte. :-D

Am Fährterminal reihen wir uns in die Massen der Wartenden ein, die sich bald darauf in Richtung Bauch der Fähre schieben. Wir sind gespannt, wie die Überfahrt wird.

Die Wettervorhersage sprach von böigem Wind, der der nicht ganz seefesten Iris natürlich weniger gelegen kommt. Aber: die Fahrt gestaltet sich tatsächlich see(len)ruhig.

Selbst nachdem wir die lange Mündung der Ems hinter uns haben und auf die mehr oder weniger offene Nordsee hinaus schippern, liegt die Fähre satt und ohne große Schaukelbewegungen im Wasser.



Auf Borkum erwartet uns tatsächlich besseres Wetter als auf dem Festland, und so genießen wir aus den historischen Waggons der 1888 eingerichteten Inselbahn (Borkumer Kleinbahn) heraus, die uns die 7,5km zum Ortskern von Borkum bringt, die ersten Eindrücke von der Insel.

Vom Bahnhof aus geht’s dann zu Fuß zur Unterkunft weiter - als sich die Strecke hinzieht, habe ich zunächst die Befürchtung, dass Kerstin aus lauter Euphorie bereits sofort einen Inselrundgang mit uns machen möchte, Gepäck hin oder her.

Dem ist gottseidank nicht so, und so erreichen wir nach ca. 20 Minuten die Pension „Schmidt-Pixa“, unsere Unterkunft für die nächsten Tage.

Hier hat jemand eine Vorliebe für Nippes und Dekoration, was wiederum eine behagliche Atmosphäre ausstrahlt. Frau Pixa selbst, die Inhaberin der Pension, erinnert mich an die verrückte Tante aus „Verrückt nach Mary“, nur pechschwarz statt wasserstoffblond. Ach ja, die Menschen mit ihren kleinen Macken machen auch den Reiz von Begegnungen aus. :-)

Die Zimmer im 2. Stock sind einfach, aber gemütlich eingerichtet, wir haben die Etage, geräumiges Bad inklusive, für uns allein. Da uns der Hunger treibt, sind wir jedoch schnell wieder auf dem Weg in Richtung Zentrum, allerdings gestaltet sich die Suche nach einem nicht-reservierten freien Tisch in einem Restaurant in der doch sehr touristisch anmutenden und vollen Fußgängerzone alias Bismarckstraße zu einem nervenzehrenden Geduldsspiel.

Wir wähnen uns glücklich, als wir beim 3. Anlauf tatsächlich in die Katakomben eines einfach ausschauenden Fischlokals geführt werden und einen Tisch angeboten bekommen. Der junge Kellner verschwindet jedoch flugs wieder, ohne eine Getränkebestellung aufzunehmen. Und taucht so schnell nicht mehr auf. Im verwinkelten Restaurant ist es nicht so einfach, per Hand- oder Rufzeichen auf uns aufmerksam zu machen.

Die Stimmung wird zunehmend schlechter, aber angesichts der jüngsten Erfahrungen wagen wir es nicht, das Restaurant zu verlassen, um uns auf eine erneute Odyssee zu begeben. Nach einer gefühlten Ewigkeit macht sich Iris auf die Suche nach der Bedienung und siehe da: jetzt klappt’s auch endlich mit der Bestellung.

Nach den Getränken kommt auch das Essen ziemlich schnell. Blöd nur für Iris: es ist das falsche Gericht. Die Ärmste. Das Essen geht wieder zurück, die Warterei beginnt erneut. Dass der junge Kellner ihr anschließend fast vor Höflichkeit und Aufmerksamkeit die Füße küsst, tröstet nicht wirklich.

Nun ja, das Essen ist ok und wir lernen unsere Lektion: auf dem Rückweg zur Strandpromenade kehren wir in ein Restaurant ein, das uns unsere Tischnachbarn empfohlen haben, und tätigen für den folgenden Abend eine Reservierung.

Wir bummeln noch eine ganze Weile über die Strandpromenade und fotografieren Strand, Meer und Leute bis zum Sonnenuntergang. Auf dem Rückweg zur Pension versuchen wir uns ein erstes Mal an Nachtaufnahmen vom Neuen Leuchtturm, Objekt meiner physischen Herausforderung am Folgetag, bevor wir in der Pension müde, aber doch zufrieden in die Federbetten sinken.

Stress und Alltag sind auf dem Festland geblieben.