Montag, 22.08.2011: Von Villach durch Slowenien nach Rijeka (ca. 300km)

Villach Von entspannter und schlafreicher Nachtruhe kann im Autoreisezug nie die Rede sein, aber ich schaffe es trotzdem zu schlafen - und sitze beim Blick auf die Uhr am Handy senkrecht auf der Pritsche. 6h17??? Wir sollen um 6h43 planmäßig in Villach ankommen - weshalb sind wir noch nicht vom Zugpersonal geweckt worden?

Just in dem Moment steckt besagte Person den Kopf durch die Abteiltür und beruhigt uns: der Zug hat eine Stunde Verspätung, uns bleibt noch genügend Zeit für Frühstück und Zusammenpacken.

Gegen 7h45 stehen wir in Villach auf dem Bahnsteig und warten auf die Fahrzeuge. Die Waggons rollen an, das Bahnpersonal beginnt mit dem Lösen der Halteschienen. Dumm nur: unsere drei Motorräder, die in Hamburg-Altona als Lückenfüller des ersten Waggons dienten, werden vergessen. So rollen die ersten Autos vom Zug, der Rest harrt unbeweglich, aber gottseidank geduldig, bis auch unsere Motorräder von allen Fesseln befreit sind und wir den Stau auflösen können.

Am Bahnsteig wird aufgesattelt, dann geht´s los. Wir wollen an diesem Tag über den Wurzenpass nach Slowenien und auf westlicher Seite bis nach Rijeka fahren. Nach Zwischenstopp bei Supermarkt und Tankstelle fühlen wir uns gerüstet - und halten bald darauf wieder an, um unser technisches Improvisationsgeschick ein erstes Mal an den Tag zu legen.

Bewährungsprobe - mit Erfolg bestanden Iris´ Heizgriff am Gasgriff hat sich trotz Kleber gelöst (und ich habe mich schon gewundert, weshalb Iris den Motor so aufheulen lässt :-D). Also zwei kleine Kabelbinder raus - ja, wir sind sehr gut ausgestattet - und das Ganze wird entsprechend fixiert. Weiter geht´s.

Über den Wurzenpass fliegen wir fast drüber - der ist ja muckelig klein, die Grenzstation zu Slowenien nicht besetzt. Auf der Abfahrt gibt Iris ein Zeichen um rechts in einer Parkbucht anzuhalten. Gesagt, getan ... und es folgt prompt unser zweiter Einsatz, als Kerstins GS sich der Schwerkraft linkerhand nicht wiedersetzen kann und auf die Seite fällt. So wird der nagelneue Touratech-Koffer leider unschön eingeweiht, aber schlimmer: der Blinker vorne links ist kaputt. Ein Stück der hinteren Abdeckung ist abgebrochen, die Glühbirne hat auch ihren Geist aufgegeben.

Kerstin sieht sich schon nach Villach zurückfahren, um einen neuen Blinker zu besorgen, aber Iris und ich vertrauen auf die eigene Kreativität. So zeigt sich, dass ich das Glühbirnen-Ersatzset vor dem Urlaub nicht umsonst gekauft habe und Iris´ Umgang mit Isolierband zwar keinen brandneuen, dafür aber einen einzigartigen und wieder funktionierenden Blinker hervorzaubert.

Wir schauen uns grinsend an: "Wir sind ja wohl für den Urlaub gewappnet, was soll uns noch passieren?"

Kroatien, wir kommen!  Kroatien, wir kommen!  Kroatien, wir kommen!  Kroatien, wir kommen!

Slowenien - Nationalpark Triglav Genug Zeit vertrödelt, am Wintersportort Kransjka Gora vorbei geht´s hinein in den Nationalpark Triglav. Wir genießen die Fahrt durch den einzigen Nationalpark Sloweniens, der nach dem höchsten Berg Sloweniens benannt ist (Triglav, 2.864m).

Zunächst geht es am Flussbett der eisblauen Save längs, bevor die Route hoch zum Vršič-Pass führt. "Iiieh, Kopfsteinpflaster in den Kehren", so unser Gedanke bei der ersten Kehre, aber Landschaft und Straßenführung, sowie Rennradfahrer und - weiter oben - freilaufende Schafe am Straßenrand - lenken uns schnell davon ab.

Über den 1.611m hohen Vršič-Pass, der höchste Pass Sloweniens, fahren wir ohne wirklich anzuhalten rüber. Da stehen schon genug Menschenmassen, zu denen wir uns nicht unbedingt dazu gesellen wollen. Auf der Talfahrt haben wir zunächst motorisierte Zwei-, später auch Vierräder vor uns, was aber der Schönheit der Landschaft keinen großen Abbruch tut. Ich habe mir Slowenien längst nicht so grün vorgestellt, sondern eher karg. Keine Frage, hierhin möchte ich wiederkommen.

Im Tal führt die Route parallel zum türkisblauen Wasser der Soča weiter über Trenta und Bovec, wo wir am Ortsrand eine späte Frühstückspause einlegen. Wir arrangieren uns mithilfe von zwei Parkbänken, die freundlicherweise nicht festzementiert sind, unser "Bank-ett", genießen die Ruhe und den Blick in die Landschaft. Mädels, wir haben Urlaub!

Frisch gestärkt geht´s durch kleine Ortschaften - Kerstins Navi ist auf kleine Strecken gepolt -, wir legen später eine Kaffeepause in Reka ein. Hier machen wir erste Erfahrungen mit der slowenischen Sprache, als ein junger Slowene, selbst begeisterter Motorradfahrer, versucht uns seine Erlebnisse verbal mitzuteilen. Wir verstehen nicht alles, haben aber in Sachen Gastfreundlichkeit definitiv nix zu meckern.

Als wir anschließend - immer noch Kerstins Navi folgend - hinter Cerkno immer weiter in den Wald (und für mein Empfinden in die falsche Himmelsrichtung) fahren, legen wir ein Veto ein. Sonst kommen wir bis abends nie in Rijeka an! Nach einem kurzen Stopp, bei dem wir - im wahrsten Sinne des Wortes - unter den Augen einer am über uns am Abhang stehenden Kuh versuchen die Orientierung auf der Karte zu finden, drehen wir um und fahren zurück in Richtung Cerkno.

Über weiterhin meist kurvenreiche Strecken geht´s nach Idrija, Postojne und Pivka und von dort schlussendlich über eine sehr schöne Nebenstrecke nach Ilirska Bistrica, wo wir kurz darauf bei Jelsane - Rupa die Grenze von Slowenien nach Kroatien passieren. Da Kroatien noch kein EU-Mitglied ist, werden die Personalausweise kontrolliert. Allerdings ohne dass wir Helm noch Sonnenbrille absetzen müssen.



Kroatien, wir kommen!  Kroatien, wir kommen!  Kroatien, wir kommen!  Kroatien, wir kommen!

Slowenien - Nationalpark Triglav Ein Blick auf die Uhr und den Sonnenstand sagt uns, dass wir uns ein wenig sputen sollten. Mit Einbruch der Dunkelheit erreichen wir Opatija und somit das Mittelmeer. Jucheee! Urlaub!

Kerstin sieht das allerdings weniger entspannt, als sämtliche Geldautomaten in Opatija ihr eine Auszahlung von kroatischen Kunar verweigern. Iris und ich dagegen plündern zuerst unsere Konten, und dann einen Supermarkt auf Wasser- und Zisch!-Vorrat.

Spätestens hier wird uns bewusst, dass wir auffallen. Wir sind uns aber nicht sicher, ob es aufgrund der für die herrschenden Temperaturen völlig unpassenden Lederkombis oder aber aufgrund der Tatsache, dass hier drei motorradfahrende junge Frauen alleine unterwegs sind, ist. Diese Frage werden wir uns im Urlaub noch häufiger stellen.

Dann heißt es "Nix wie auf nach Rijeka", damit wir das Zisch! auch noch gekühlt zu uns nehmen können.

Um 20h45 erreichen wir die dortige Jugendherberge und ergattern eins der letzten Zimmer. Dass hier keine Klimaanlage vorhanden ist, fällt uns zwar auf, wir empfinden das aber nicht als ungewöhnlich.

Noch nicht. Schon ab dem nächsten Tag werden wir sie zu schätzen wissen und nicht mehr missen wollen! Mit den vorhandenen Lebensmitteln gönnen wir uns ein lecker Abendessen, genießen dazu das Zisch! und grinsen uns an: Dobrodošli Hrvatska - Kroatien, da sind wir!

Wir lassen den Tag Revue passieren, schmunzeln über die Heizgriff- und Blinker-Reparatur, die Nicht-Orientierungsfahrt durch den slowenischen Wald, die Passkontrolle an der kroatischen Grenze und sind froh, dass wir uns vorab für die erste Übernachtung in der Jugendherberge von Rijeka entschieden haben und Kerstin die Adresse im Navi gespeichert hatte. Um diese Uhrzeit hätte niemand von uns noch Lust auf eine Zimmersuche gehabt. Also:

ALLES RICHTIG GEMACHT!