Samstag, 04.08.2012: via Beverungen - Schloss Thienhausen - Externsteine - Hermannsdenkmal - Extertal - Bad Pyrmont
- Ottensteiner Hochfläche - Kloster Corvey - Beverungen, ca. 210km


Die Antwort auf die letzten Fragen vom Vortag: erstaunlich gut! Ich empfinde es als herrlich, schön eingemummelt im kuschelig-warmen Schlafsack (und ja, er hält richtig warm, obwohl das Thermometer nachts in Richtung 10°C ging) und dabei die klare, kühle Luft um die Nase zu spüren. Zugegeben: die Isomatte könnte einen Hauch weicher, komfortabler sein ...

Einzig ein Geräusch in den ganz frühen Morgenstunden irritiert mich völlig, holt mich aus dem Schlaf. Ein Tuckertuckertuckertucker, das sich nähert und wieder entfernt, und das ich zunächst so gar nicht zuordnen kann. Bis mir wieder einfällt: wir sind an der Weser. Es muss ein kleiner Frachtkahn sein, der in aller Herrgottsfrühe da längs tuckert.

Ich fühle mich so wohl, dass ich gar keine Lust habe aus dem Schlafsack zu krabbeln. Habe ein Ohr auf eventuelle Geräusche aus dem Nebenzelt, aber von Kerstin höre ich keinen Mucks. Später erfahre ich, dass sie schon längst wach ist.

Im Bootshaus nehmen wir für 5 Euro ein üppiges Frühstück ein. Wie schon am Vorabend ist es kein 4-Sterne-Essen, dafür aber sehr reichhaltig mit Kaffee satt. Mit der Karte bewaffnet sitzen wir auf der Terrasse, genießen in der Morgensonne Kaffee und Aussicht und basteln uns eine Route zusammen.

Der Blick auf die Karte verrät viel Historisches und Kultur. Wir entschließen uns für eine Runde nord-nordwestlich von Beverungen, in Richtung Detmold und Teutoburger Wald, mit einem Stopp bei den Externsteinen und einer Auffahrt zum Hermannsdenkmal.

Die Route führt zunächst ein kurzes Stück auf der bereits vom Vortag bekannten Strecke zurück durch das Roggenthal und biegt dann bei Erkeln rechts ab, um bergauf, bergab über Bökendorf, Marienmünster und Eversen in Richtung Steinheim zu führen. Ca. 5km nördlich von Eversen soll laut Karte Schloss Thienhausen liegen - wir sperren die Augen auf, sehen aber weder Hinweisschilder, geschweige denn Schloss.

Als wir an einer kleinen Alleeneinfahrt vorbeifahren, nehme ich im Augenwinkel, quasi im Rücken, einen liegenden Baumstamm und ein daran befestigtes Schild wahr. Stopp, hier geht's rein! Im Nachhinein wird die unauffällige Ausschilderung verständlich: das Schloss ist im Privatbesitz, Besichtigungen sind nicht möglich. Wer möchte schon eine Horde Touristen auf dem Grundstück herumlaufen haben?

Schade eigentlich, denn dieses kleine, zweiflügelige Wasserschloss im Stil der Weserrennaissance ist ein echtes Schmuckstück. Wir lassen uns Zeit zum Schauen und Fotografieren, genießen auch die Ruhe, die die Umgebung ausstrahlt.

     

Irgendwann müssen wir doch weiter, wenn wir die Runde wie geplant drehen wollen. Bei der Ortseinfahrt von Vinsebeck erhasche ich einen Blick auf das linkerhand liegende Wasserschloss, verkneife mir aber einen Stopp. Wenn wir alle naselang anhalten, kommen wir ja nie weiter! Und schließlich können wir uns ja noch Ziele für den nächsten WBL-Ausflug aufheben!

Hinter Horn-Bad Meinberg biegen wir auf den ausgeschilderten Parkplatz der Externsteine ein. Kurz vor der Schranke - ja, auch für Motorräder muss gelöhnt werden - halten wir und schauen uns an: "Was tun?" Es ist warm und vom Parkplatz aus nicht erkennbar, wie weit man bis zu dieser markanten Sandstein-Felsformation laufen muss.

Kraxeln in Motorradklamotten? Och nöö, dazu haben wir keine große Lust. So beschließen wir, den Externsteinen ein ander mal einen Besuch abzustatten und dann mehr Zeit sowie bequemere Kleidung mit einzuplanen.

Flott geht es über die breite L828 durch Heiligenkirchen und Hiddesen und dann - hui - eine wunderschöne Strecke durch den Wald und den Berg hinauf zum Hermannsdenkmal. Die Straße schraubt sich kurvig in die Höhe und ich grinse schon während der Auffahrt vorfreudig beim Gedanken auf die spätere Abfahrt! :-)

Aufgrund des schönen Wetters ist hier oben einiges los, aber hinter den Imbissbuden und Sitzgelegenheiten wird es ein wenig ruhiger. Zahlreiche Menschen tummeln sich überirdisch zwischen den Bäumen im Kletterpark. Nur: wo versteckt er sich denn, der große Hermann?

Wir entdecken die Statue, Denkmal zur Erinnerung an den Cheruskerfürsten Arminius und die so genannte Varusschlacht, erst auf den letzten Metern mitten auf dem höchsten Punkt der 386m hohen Grotenburg (auch Teutberg genannt), inmitten der bewaldeten Anhöhe.

Bei einer Gesamthöhe von über 53 Metern (sie war Ende des 19. Jh. einmal die höchste Statue der Welt!) muss man ganz schön den Kopf in den Nacken legen, um bis zu seiner erhobenen Schwertspitze zu schauen ... aber unter den Rock gucken lässt sich der kupferne Hermann nicht.

Um die Aussicht über den Teutoburger Wald genießen zu können, klettern wir gegen eine geringe Eintrittsgebühr die enge, im Sockel liegende Wendeltreppe hinauf. Hoppla, das ist anstrengend und wird bei Gegenverkehr ganz schön eng, aber die Mühe lohnt sich.

Ca. 26 Meter höher genießen wir eine steife Brise und eine herrliche Aussicht über den Teutoburger Wald. Schade, dass Iris, die sonst-immer-Dritte-im-Bunde nicht dabei ist!

     

Wir verweilen lange Zeit auf dem Aussichtsumlauf, lassen Blicke und Gedanken fliegen und genießen einfach nur. Bis sich der Magen regt. Auch der pocht auf Genuss, und so suchen und finden wir unweit des Hermannsdenkmals eine runde Lichtung mit Holzbänken, die offensichtlich nur auf uns und unser Picknick warten.

Auf der Lichtung befinden sich ebenfalls ein errichteter Bismarckstein - ein Überbleibsel des Ausdrucks der Bismarckverehrung im Kaiserreich - sowie eine Hinweistafel, dass hier 1895 der CVJM gegründet wurde. Ich hüte die Bank und den Sonnenplatz, Kerstin läuft zu den Motorrädern und schnappt sich den mitgereisten Streuselkuchen sowie frischen Kaffee am Imbiss. Fertig ist das Festmahl.

Das schaut doch wieder lecker aus, oder? Wir lassen es uns gut gehen, während eine Horde Mountainbiker schlammverspritzt an uns vorbeirauscht. Die Biker waren uns schon während der Auffahrt zum Parkplatz aufgefallen; sie waren da die deutlich mühsamer als wir unterwegs. Nun, ich denke, sie wurden mit dem anschließenden Downhill mehr als belohnt.

Da wir nicht ewig so verweilen können - wir haben gerade mal ein Drittel der geplanten Tagestour abgefahren - rollen wir wenig später die kurvenreiche Strecke wieder in Richtung Tal, durchqueren Detmold und suchen eine Tankstelle auf, bevor wir uns auf kleinste Straßen begeben.

Die Tankstelle ist klein, hat nur wenige Zapfsäulen, aber dafür herrscht reger Verkehr. Hinter mir drängelt ein Autofahrer, so dass ich mein Motorrad nach dem Tanken erst einmal wegschiebe, um Platz zu machen.

Ein leises "klack klack klack" lässt mich aufhorchen und so nehme ich Vorderreifen und Schutzblech ins Visier und entdecke eine kleine Schraube, die mit der Spitze im Vorderreifen steckt und immer wieder am Fender anschlägt! :-O Gottseidank habe ich den Helm nicht auf, sonst hätte ich das Geräusch nicht gehört - und wer weiß, ob sich die Schraube beim Losfahren nicht tiefer in den Reifen gebohrt hätte?

Erleichtert setzen wir unsere Runde über wunderschön schmale Straßen in Richtung Nord-Nordost fort. Über Diestelbruch und Donop geht es in Richtug Dörentrup. Kerstin hat ihr Navi auf kleinste Straßen eingestellt, die zudem hübsch kurvig durch herrliche Natur führen. Braves Navi!

Ab Dörentrup habe ich wieder etwas Ortskenntnis. Wir befinden uns im Extertal, wo man - ohne Übertreibung - eine so genannte "1000 Kurven-Tour" durchführen kann. Eine ähnliche Tour bin ich bereits mehrmals gefahren, und so grinse ich auch jetzt wieder angesichts der vielen aufeinanderfolgenden Kurven. Die Strecke macht Laune!

     

An der Burg Sternberg und ihrer gefährlich plötzlich auftauchenden Haarnadelkurve vorbei geht es durch Bösingfeld nach Sonneborn und von dort weiter nach Bad Pyrmont. Die Durchfahrt durch die Stadt ist nicht sonderlich spannend, aber hinter dem Kurort geht es gleich wieder munter kurvig, bergauf und bergab weiter. Die Route führt über Lichtenborn und Glesse nach Brevörde, wo wir wieder ans Weserufer gelangen.

Wir biegen in Richtung Süden, in Richtung Polle ab, grüßen im Vorbeifahren die bereits am Vortag besichtigte gleichnamige Burg und biegen unmittelbar hinter ihr ab zur Weserfähre und setzen ans andere Ufer über.

Nach einem kurzen Trinkstopp und netten Gespräch mit einem Radwanderer geht es weiter in Richtung Bevern, Holzminden und Höxter. Hier war uns bereits auf der Karte das Kloster Corvey ins Auge gefallen, und so folgen wir den Hinweisschildern.

Als wir allerdings zeitgleich mit einer großen Hochzeitgesellschaft dort eintreffen, beschließen wir, trotz des schönen Abendlichts die Besichtigung auf den nächsten Vormittag zu legen.

Zudem ist die Zeit schon wieder fortgeschritten und wir fürchten einmal mehr um unser Abendessen. Also satteln wir die Hühner und begeben uns auf direktem Weg über Godelheim nach Beverungen zum Bootshaus.

Wir verzichten zugunsten des Abendessens auf unser "Zisch!" bzw. verschieben es bis unmittelbar zum Abendessen, das wir wieder auf der Terrasse einnehmen.

Bei lecker Essen lassen wir den Tag Revue passieren, die Blicke über die Weser gleiten und die friedvolle Abenstimmung auf uns wirken. Zufriedenheit pur!

Und ich freunde mich allmählich mit dem Gedanken an Zelt-Wochenenden an...