26.06.2011: Von wegen Erholung: erstes Dauerschleusen ist angesagt! Von kurz hinter Lutzelbourg bis Hochfelden.

Am nächsten Morgen dauert es ein wenig, bis wir alle uns in der Enge sortiert haben, aber wir sind wesentlich entspannter als am Vortag. Die Umgebung färbt auf uns ab und im Laufe des Tages wird auch jeder seinen Platz finden: mein Schwager am Steuer, an das sich später auch mein Vater wagt, meine Schwester und ich bei den Schleusengängen an Bug und Heck mit den Tauen in der Hand zur Bootssicherung, und meine Mutter mutiert zu einem prima Smutje!

Nach einem geruhsamen Frühstück heißt es gegen 9h30 ´Leinen los´ und wir machen uns weiter auf den Weg in Richtung Strasbourg. Mal schauen, wie weit wir heute kommen. Durch die vielen Schleusen und möglichen Wartezeiten kann man schlecht vorhersagen, wie viel Strecke man am Tag zurücklegen wird. Ein Highlight erwartet uns auf jeden Fall in Saverne, wo die mitten in der Stadt gelegene Schleuse mit einer Differenz von 5,50m den meisten Höhenunterschied zu bieten hat, den wir während unseres Urlaubs durchschleusen werden. Gottseidank schleusen wir zunächst flussabwärts - da sind die Poller einfacher zu treffen!

Landschaftlich gesehen ist in meinen Augen die Strecke zwischen Lutzelbourg und Saverne der hübscheste Streckenabschnitt: es geht zwischen den Hügeln der Nordvogesen durch, bevor hinter Saverne sich eher die Weiten ausbreiten. An diesem Streckenabschnitt führt auch die Straße zeitweise direkt neben dem Kanal längs, und nicht wenige Motorradfahrer brausen an uns vorbei, denen ich - zugegeben - ein wenig sehnsüchtig hinterherschaue. Hach, ich könnte jetzt auch. Ich selbst bin diese Strecke (wohlgemerkt: Straße) schon mehrmals längs gefahren, als ich die Vogesen von Süd nach Nord gequert habe. Nun denn, mein Motorradurlaub kommt ja noch.

Schild in Saverne  Schleuseneinfahrt in Saverne  Schleusenwärterhäschen, Schleuse in Saverne  Schleuse in Saverne

So nähern wir uns Saverne. Am Ortseingang sehen wir das Boot der Schweizer Familie liegen, die wohl eine Stadtbesichtigung macht. Als sie am Morgen eine halbe Stunde vor uns aufgebrochen sind, wusste noch keiner von uns, dass wir ab Mitte des Tages die restliche Urlaubszeit miteinander verbringen würden.

Wir wollen ebenfalls Saverne besichtigen, steuern aber zum Festmachen den Sportboothafen gegenüber des Rohan-Schloss und dem daneben liegenden Chateau Vieux an. Um dorthin zu gelangen, müssen wir allerdings zuerst einmal die große Schleuse passieren. Das geschieht - unter den Augen zahlreicher Touristen - ohne weitere Probleme, auch wenn die beim Abfließen des Wassers immer höher werdenden Schleusenmauern (wir schleusen flussabwärts) etwas Einschüchterndes haben. Oh Gott, wie wird das erst, wenn wir flussaufwärts schleusen und die hoch oben liegenden Poller erwischen müssen?

Nachdem uns die Schleuse 5,50m tiefer wieder ausgespuckt hat, biegen wir sozusagen ums Eck und haben einen schönen Blick auf das Schloss Rohan - und einen riesigen Flohmarkt, der rund um das Schloss stattfindet.

Rohan-Schloss Saverne  Trödel in Saverne  Schleusenwärterhäuschen, Schleuse in Saverne  Schleuse in Saverne

Trödelmarkt in seiner schönsten Form, wie wir beim anschließenden Bummel feststellen. Kein Ramsch, kein Kitsch, sondern tatsächlich alter, und meist richtig schöner Plunder! Ich feilsche um ein altes Ein-Sterne-Hotel-Schild, dass ich vor meinem inneren Auge schon in meinem Flur hängen sehe - ohne mir die Frage zu stellen, wie ich es nach Trier transportiere, denn für meine kleine Reisetasche ist es eindeutig zu groß. Egal, das muss mit! Tut es dann auch. Nach einem Imbiss vor Ort sind wir selbst Beoabachter eines Schleusenvorgangs und just als wir wenig später unser Boot zur Weiterfahrt losmachen, biegen die Schweizer - auf ihrem Boot - um die Ecke. Ja, hallo erst mal!

Bedingt durch die Schleusengänge und damit verbundenen Wartezeiten bleiben wir immer in relativ kurzem Abstand zueinander, helfen uns gegenseitig beim Schleusen und entwickeln eine richtgie Sympathie füreinander.

Der Kanal führt durch die allmählich flacher werdende Landschaft mit weiten Feldern, auf denen wir auch die ersten Störche sehen, und zeitweise wunderschönen Baumalleen. Am späten Nachmittag machen wir in Hochfelden, Sitz der Brauerei Meteor, fest.

Landschaft  Brauerei Meteor in Hochfelden  Storchennest in Hochfelden  Abendstimmung

Im dortigen Sportboothafen (sofern er angesichts seiner Größe den Namen überhaupt verdient) herrscht aufgrund einer Modellboot-Veranstaltung eine Dorffest ähnliche Stimmung, Festzelt und Musikkappelle mit Humtata inklusive. Aber auch zwei großen, mit Holz befeuerten Öfen, in denen Flammkuchen frisch zubereitet wird. Prima, wir wissen, was wir zu Abend essen werden!

Aber erst einmal brechen wir zu einem kleinen Bummel nach Hochfelden auf, besichtigen im Vorbeilaufen die Meteor-Brauerei und halten Ausschau nach einem Bäcker und Supermarkt, um uns am folgenden Morgen mit Croissants und Lebensmitteln einzudecken.

Zurück im Hafen löschen wir unseren Durst zunächst im Festzelt mit Gerstensaft und holen später eine Ladung Bratwürste und Flammkuchen mit zum Boot, die wir zu grünem Salat verspeisen.

Eine einsame Amsel gibt uns mit einer schönen Melodie ein kleines Konzert, ein Paraglider gleitet über den Himmel - es ist wieder einmal eine herrliche Abendstimmung und insgesamt sind wir alle deutlich relaxter als am Tag zuvor.

Wir haben heute 16 Schleusen gemeistert! (von wegen Ausruhen!)



Der 26.06.2011 in Bildern

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